Die echten Auswirkungen von Consumer Insights
Eine stringente Definition von ‘Customer Insights’ zu finden, ist gar nicht leicht. Aber es gibt Marken, die sie in ihrer einfachsten Form verstanden haben - und zeigen, welche Aha-Momente möglich sind, wenn man diese Insights wirklich zu Ende denkt. Und das in der Kommunikation dann auch zeigt. Zum Beispiel airbnb.
Wer im kreativen Marketing oder in der Konzeption von Kampagnen nicht den Eindruck vermitteln möchte, nicht nur nach Genius- oder Rockstar-Bauchgefühl zu arbeiten, der kommt um Insights nicht herum. Daher nimmt so ziemlich jeder für sich in Anspruch, sein Marketing nach Customer Insights ausgerichtet oder neue Consumer Insights seiner Zielgruppe entdeckt zu haben. Und das seit vielen Jahren zunehmend - wie ein Blick auf Google Trends zeigt.
Zunächst für “Customer Insights”.
Und auch der Blick auf “Consumer Insights” liefert ein ähnliches Bild.
Was sind Customer oder Consumer Insights?
Insights - sprich: irgendeine Art von Einblicken oder Einsichten - sind also wichtig und das seit vielen Jahren zunehmend. Und doch scheint hier immer wieder eine häufige Illusion zum Tragen zu kommen - nämlich, man meine dasgleiche, wenn man nur denselben Begriff verwendet. Doch sich auf einen Begriff zu einigen, schafft eben nur scheinbar auch inhaltliche Einigung. Um welche Einblicke oder Einsichten handelt es sich also? Wie sind diese beschaffen, damit sie das Label Insight überhaupt verdienen?
Vielleicht zunächst zur Unterscheidung zwischen “Customer Insights” und “Consumer Insights”. Auch hier gibt es wie so häufig durchaus definitorische Vielfalt. Das kalifornische Meinungsforschungsunternehmen SurveyMonkey hat aus meiner Sicht hier eine gute pragmatische Unterscheidung formuliert.
Das macht Sinn und zeigt auch gleich, wo der größere strategische Hebel liegt - bei den Consumer Insights nämlich und der Gesamtheit der Zielgruppe. Beim, wie es hier so schön heißt, “Gedankenprozess des gesamten Zielmarktes”. Das klingt schonmal spannend.
Aber weiter zum Kern - den Insights. Was also genau versteht man darunter?
Noch ziemlich allgemein bleibt bspw. eine solche Definition von Jens Uwe Pätzmann und Yvonne Adamczyk (2020):
Damit sind wir grundsätzlich einverstanden. Und jetzt? Was sagt uns das - über die akademische Tonalität hinaus? Noch nicht so viel. Vor allem dann nicht, wenn es darum geht, das ganze im Marketing Daily Doing auch pragmatisch um- und einsetzen zu können.
Auch nicht viel konkreter wird der Beratungsriese Boston Consulting Group - beispielsweise hier:
Customer Insights müssen etwas ändern
Auch noch nicht viel mehr definitorischer Grip, den wir für pragmatisches Arbeiten verwenden könnten. Immerhin aber doch auch spannend, dass hier ein konkreter Gap aufgezeigt wird - und zwar der zwischen der Überzeugung, dass Insights wichtig und sogar kritisch für Wachstum sind (damit hätten wir ein erstes Kriterium), aber nur die wenigsten Companies alle zur Verfügung stehenden Informationen für die Generierung von Insights nutzen. Auch wenn das zunächst überraschen mag, am Ende - so meine immer wieder ähnliche These aus jahrelanger eigener Erfahrung - ist es auch hier so, dass 80 Prozent eines Insight-Impacts mit 20 Prozent der Informationen produziert werden kann.
Gut gefällt mir daher hier ein sehr pragmatisches Verständnis von Paul Laughlin aus dem Artikel “Holistic customer insight as an engine of growth”,
Hier kommt ein neuer wichtiger Aspekt ins Spiel: nämlich der der Änderung im Konsumenten- oder Kundenverhalten.
Besonders interessant wird es, wenn man sich überlegt, an welcher Stelle der Insight denn eigentlich stattfindet. Sprich beim werbetreibenden Unternehmen oder beim Konsumenten selbst.
Ort 1: Insight beim werbetreibenden Unternehmen
Das Unternehmen lernt also etwas Tiefes und ihm bisher Unbekanntes, über die Pains und Gains seiner Konsumenten (was auch Teil unserer STORYCLASS Startup Sprints und KMU Branding Workshops ist) und ist daraufhin in der Lage, seine Kommunikation und kreative Werbebotschaft so zu formulieren, dass sie Antworten und Lösungen für die Bedürfnisse der Kunden bieten.
Wichtig: Eventuell wissen die Kunden bereits, welche Bedürfnisse sie konkret haben und das Unternehmen reagiert kommunikativ maximal passend darauf. In Form von Verständnis, von direkten Lösungen oder von Edukation, wie das Bedürfnis schrittweise erfüllt werden kann.
Noch spannender aber dürfte Ort 2 sein.
Ort 2: Unternehmen verschafft der eigenen Zielgruppe einen neuen Insight
In diesem Fall ist der Zielgruppe ein vorhandenes Problem eventuell selbst noch gar nicht explizit bewusst - und wird vom werbetreibenden Unternehmen erst darauf aufmerksam gemacht. Solche Augenöffner sorgen regelmäßig für einen Sprung an Kundenbindungsqualität. Denn so wird überraschend sichtbar, wie gut der Produkt- oder Lösungsanbieter seine potentiellen Kunden verstanden hat.
Insights wirken dann, wenn man sie wirklich zeigt
Ein ziemlich perfektes Beispiel hierfür lieferte letztes Jahr airbnb mit seinem Spot “Bedtime”.
Kernaussage auf Textebene im Spot ist die folgende:
Das alleine ist schon verdammt gut, da viele Eltern natürlich wissen oder zumindest stillschweigend akzeptiert haben, was es bedeutet, mit eigenen kleinen Kindern ein Hotelzimmer zu teilen - nämlich die Elternrolle auch dann nicht abgeben zu können, wenn das Kleine schon schläft und sich vom Tag verabschiedet hat. Aber Dinge auf den Punkt explizit zu formulieren, macht sie immer nochmal deutlicher.
Jetzt aber kommt der Punkt aus unserer Definition oben: “,,, if acted upon, has the potential, to change their behaviour…”.
Und genau das passiert hier - und zwar in zwei Schritten.
Wichtig für den Message-Market-Fit: Alle Konsequenzen von Insights wirklich bis zum Ende denken
Schritt 1 Was bedeutet die Erkenntnis, also der Insight, unmittelbar?
No more words needed - die Bildebene im Spot zeigt es ganz wunderbar: Bist Du Vater oder Mutter ziehst Du zur Schlafenszeit Deines Kindes im übertragenen Sinn quasi den Schlafanzug mit an.
Schritt 2 Was ist die Konsequenz daraus?
Hier wird es spannend, denn wir kommen hier zum Champions League Part jeder Kommunikation und von jedem Campaigning. Denn für die Zielgruppe kann die Schlussfolgerung nur sein (gesetzt den Fall, sie wollen um 1815h keine Schlafanzüge tragen), dass die Unterkunftskategorie nicht die richtige für sie ist - sondern eben die, die ihnen dieselben Annehmlichkeiten bietet wie das eigene Zuhause. Ein airbnb eben.
Bedeutet: Immer dann, wenn es Kommunikation gelingt, im Kopf der Zielgruppe genau diejenigen Fragen aufzuwerfen, für die das eigene Angebot die Antwort ist, dann hat Kommunikation echten Impact.
Hiroki Asai, der Global Head of Marketing von airbnb, sagte damals im Gespräch mit dem Medium The Drum.
Wann Insights in der Kommunikation wirklich Wirkung haben
Heißt also: Wenn es gelingt, Insights zu finden
die wirklich aus der Lebenswelt der Zielgruppe kommen und
die von der Tragweite her das Potential haben, eine Änderung zu bewirken und
die so konsequent mit allen Folgen bis zum Ende durchdacht und kommuniziert werden,
dann hat man die besten Voraussetzungen für echte Werbe- oder auch Storywirkung geschaffen, sprich: Für Message-Market-Fit.
Und wie gelingt das?
Offensichtlich durch Zuhören. In allen Facetten.